Interview mit Florian Sieber (Märklin / LGB)

Florian Sieber ist in der Geschäftsleitung von Märklin u.a. für das Marketing zuständig - Quelle: Martin Prankl [b]

Florian Sieber ist in der Geschäftsleitung von Märklin u.a. für das Marketing zuständig – Quelle: heller & partner [b]

Im Frühjahr hat die Sieber & Sohn GmbH & Co. KG die Firma übernommen. Florian Sieber, Sohn von Michael Sieber dem CEO von Simba Dickie, ist seit dem Geschäftsführer bei Märklin. Als erstes Gartenbahn-Magazin kann der Spur-G-Blog heute ein ausführliches Interview mit Florian Sieber den LGB-Freunden präsentieren.

Florian Sieber wurde 1985 in Nürnberg geboren und hat u.a. einen Bachelor in Gerneral Management und einen Master of International Business. Seit fast 1,5 Jahren unterstützt er die Geschäftsleitung der Simba Dickie Group und ist seit der Übernahme von Märklin einer der Geschäftsführer von Märklin.

Spur-G-Blog: Herr Sieber, haben Sie die Einfindungsphase als Geschäftsführer bei Märklin nach der Übernahme gut überstanden?

Florian Sieber: Ich bin sehr offen und freundlich von allen Mitarbeitern in Göppingen, sowie im ungarischen Györ, empfangen worden und bin stolz für so ein traditionsreiches Unternehmen zu arbeiten. Auch wenn es momentan ein bisschen viel ist, komme ich jeden Tag ein wenig mehr in die Modellbahnweilt hinein.

Spur-G-Blog: Neben dem Management haben Sie in den letzten Wochen auch viel Kontakt mit ihren neuen Mitarbeitern gehabt. Welches Feedback haben Sie als neuer Eigentümer bekommen?

Florian Sieber: Insgesamt muss ich sagen, dass meinem Vater und mir, als neue Eigentümer, auch schon im Vorfeld der Übernahme, viel Vertrauen entgegengebracht worden ist und der Kontakt zu den Mitarbeitern sehr offen und kooperativ stattfindet. Meine Kollegen bei Märklin sind voller Tatendrang und hoch motiviert.

Spur-G-Blog: Die Übernahme von Märklin haben Sie sorgfältig vorbereitet. Welche Vision haben Sie von Märklin als Modellbahnhersteller in der Simba Gruppe?

Florian Sieber: Wir wollen die Marke Märklin als internationales Synonym für Modelleisenbahnen etablieren und die Wertigkeit und Liebe, die wir in unsere Produkte stecken, besser kommunizieren, sodass wir neue Fans für unser wunderschönes Hobby gewinnen. Gleiches muss uns für die Gartenbahn mit LGB gelingen.

Spur-G-Blog: Wie lange schätzen Sie, dass Ihre Handschrift für die Kunden sichtbar wird?

Florian Sieber: Sie kennen die langen Vorlaufzeiten von neuen Entwicklungen in der Modelleisenbahnbranche. Was interne Strukturen betrifft, denke ich, dass wir auf einem guten Weg sind flexibler zu werden um uns schneller auf Kundenwünsche auszurichten. Was Produktions- und Qualitätsthemen betrifft ist mir bewusst, dass es in der Vergangenheit das ein oder andere Problem gab. Ich bin aber auch hier zuversichtlich, dass wir notwendige und sinnvolle Schritte eingeleitet haben, sodass wir für zukünftige Projekte gut aufgestellt sind.

Spur-G-Blog: Vor ein paar Wochen hat Stefan Löbich Märklin als Geschäftsführer verlassen. Wie soll in Zukunft die Märklin Geschäftsführung organisiert werden?

Florian Sieber: Die Aufgaben und Bereiche die sich ehemalig unter der Verantwortung von Herrn Löbich befanden, wurden zum großen Teil auf mich und meinen Kollegen Wolfrad Bächle übertragen, wobei auch das Management unter uns zusätzliche Verantwortung übernommen hat. Ich werde mich ab sofort verstärkt um den Vertrieb und Marketingthemen kümmern, Herr Bächle wird weiterhin den Bereich Technik und Produktion verantworten. Das Produktmanagement sehen wir als Kernaufgabe, der wir uns zusammen stellen werden.

Spur-G-Blog: Als Online-Magazin für Gartenbahner interessiert mich natürlich ganz besonders die Marke LGB. Welches Potential sehen Sie bei LGB?

Florian Sieber: Die Entwicklung innerhalb der letzten 10 Jahre war für Liebhaber der Marke LGB mit Sicherheit nicht einfach mit anzusehen. Wechselnde Eigentumsverhältnisse, verbunden mit unterschiedlichen Strategien, zahlreiche negative Schlagzeilen und große Beschaffungsprobleme in Fernost, die durch die Verlagerung der kompletten Produktion entstanden sind. Als die riesigen Formensätze 2011 von China zurückgekommen sind und Märklin angefangen hat die Produkte in den eigenen Werken herzustellen war dies ein unheimlicher Kraftakt. All diese Formen mussten einzeln geprüft, gesäubert, sehr häufig überarbeitet und angepasst werden. Hilfsmittel für die Produktion mussten gebaut werden und die Produktionsprozesse an sich von Grund auf gelernt werden. Dieser Prozess ist heute noch nicht abgeschlossen . Mittlerweile haben wir produktionsseitig viel dazugelernt und sind auf einem guten Weg! Jetzt, wo die Beschaffungssituation sichergestellt ist, können wir herangehen und neue Märkte in Angriff nehmen. Großes Potential sehen wir im amerikanischen Markt, sowie in England und mittelfristig auch in Australien. Wir haben ein tolles Produkt, eine tolle Marke, und sind davon überzeugt neue Liebhaber für das Hobby gewinnen zu können.

Spur-G-Blog: Die Förderung des Nachwuchs ist für alle Modellbahnhersteller wichtig. LGB hat im letzten Jahr einen Batteriezug aufgelegt, der im Vergleich zum neuen Batteriezug des Mittbewerbers Playmobil nicht überzeugt. Wie kann LGB auf dem Gebiet der Nachwuchsförderung von Ihren Erfahrungen im Spielzeugmarkt profitieren?

Florian Sieber: Die Förderung des Nachwuchses und das Heranführen an die Gartenbahn ist auch für uns ein ganz zentrales Thema. Wir sind das Engagement nicht eingegangen um das Unternehmen nach 5 Jahren wieder zu verkaufen, sondern wollen die Marken langfristig ausrichten. Wir denken in Generationen. In Göppingen machen wir uns gerade viele Gedanken, wie wir auch LGB zurück in die Kinderzimmer bringen können. Sobald wir hierfür ein geeignetes Konzept entwickelt haben, kann ich mir vorstellen, dass wir die Produkte auch über das internationale Vertriebsnetz der Simba Dickie Group anbieten und somit auch im Ausland die junge Generation für LGB gewinnen werden.

Spur-G-Blog: Das „Brot und Butter“-Geschäft von LGB sind natürlich die Gartenbahn-Produkte. Für die Entwicklung und komplette Neukonstruktion der E10 hat Märklin richtig viel Geld in die Hand genommen. Auch wenn Internetforen keine repräsentativen Umfragen sind, muss man die Einführung der E10 als Desaster bezeichnen. Insbesondere die mangelnde Informationspolitik – bis heute gibt es z.B. keine Erklärung zum E10 Rückruf auf der LGB Homepage – stört die treuen LGB Fans. Was planen Sie gegen solche Informationspannen in Zukunft zu unternehmen?

Florian Sieber: Ich gebe ihnen Recht, dass die Einführung der E10 nicht komplikationsfrei gelaufen ist. Wir waren unter enormen Zeitdruck und wollten nach dem Rückruf das Problem erst genauer analysieren, bevor wir eine Aussage dazu treffen. Ich stimme ihnen aber zu, dass wir in Zukunft die Kommunikation mit unseren LGB Fans verbessern müssen.

Spur-G-Blog: Können Sie vielleicht noch kurz erläutern, wieso die LGB E10 zurückgerufen wurde und was Märklin verbessert hat?

Florian Sieber: Wir haben in dem finalen Qualitätsbericht festgestellt, dass es in seltenen Fällen zu einer Materialermüdung im Getriebe kommen kann. Um diesem Problem vorzubeugen haben wir die Zahnräder ausgetauscht. Des weiteren haben wir neue, dickere Haftreifen aufgezogen, die die Traktion verbessern. Außerdem kamen acht Radschleifer hinzu, um die Stromaufnahme zu verbessern, die Getriebedeckel wurden ausgetauscht und die beiden Drosseln wurden auf die Brückenstecker umgelötet.

Spur-G-Blog: Fairer Weise muss erwähnt werden, dass es auch bei der „alten“ LGB in Nürnberg früher schon mal Probleme mit neuen Lokomotiven gab – was heute gerne von den Fans verdrängt wird. Trotzdem hat man bei der E10 den Eindruck, dass man versucht hat eine Lok zum Kampfpreis anzubieten und dabei die berühmte „LGB Qualität“ vernachlässigte. Werden Sie in Zukunft wieder auf die bewährte LGB Technik, z.B. Bühler-Motoren die zwei Achsen antreiben, setzen?

Florian Sieber: Nach wie vor haben wir Herrn Sykora und Herrn Gall – zwei Urgesteine und große Wissensträger von der „alten“ LGB in unseren Reihen, die die Beschaffenheit und Besonderheiten der LGB Produkte bis ins kleinste Detail kennen. Auch mit Herrn Faulhaber haben wir einen engagierten Produktmanager, der auch intern für die Marke LGB eintritt und tolle neue Modelle plant.
Bei Einsteigermodellen werden wir uns auch in Zukunft vorbehalten, preiswertere aber dennoch hochwertige und kraftvolle alternativen zum Bühler-Motor zu verwenden. Diese werden aber zwei Achsen antreiben.
Ansonsten werden wir auch in Zukunft nicht von der berühmten „LGB Qualität“ abrücken!

Spur-G-Blog: Abgesehen vom Antrieb hat das Gehäuse der E10 die LGB Anhänger überzeugt. Mit Spannung wird daher der LGB Allegra erwartet. Was können Sie uns kurz vor der Auslieferung zu diesem Modell verraten?

Florian Sieber: Der Allegra durchläuft momentan zahlreiche Qualitätstest. Ich habe schon einige Prototypen zu Gesicht bekommen. Die Detaillierung des Gehäuses ist toll gelungen und auch von der technischen Seite sind bisher keinerlei Probleme aufgetreten. Ich bin überzeugt, dass wir mit dem Produkt wieder eine Benchmark für Gartenbahnmodelle setzen. Dies ist allerdings nicht mein Verdienst, die Ehre gebührt der gesamten Mannschaft aus Göppingen und Györ.

Spur-G-Blog: Und worauf dürfen sich die LGB Fans im Weihnachtsgeschäft freuen?

Florian Sieber: Die Gartenbahnzeit neigt sich im Oktober so langsam dem Ende und ich kann mir gut vorstellen, dass sich unter dem Weihnachtsbaum noch der ein oder andere Allegra befindet. Ansonsten wird Herr Faulhaber im Frühjahr 2014 wieder mit einigen neuen Modellen die Gartenbahner begeistern.

Spur-G-Blog: Herr Sieber, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.

Link-Tipp: www.lgb.de

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